In Baden-Württemberg leiden ca. 200.000 Menschen an Demenz; in Deutschland 1,6 Millionen. Die hierdurch einstehenden volkswirtschaftlichen Kosten belaufen sich auf ca. 15,1 Milliarden pro Jahr. Studien zeigen, dass ungefähr ein Drittel aller Demenzerkrankungen bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung entsprechender Risikofaktoren positiv beeinflusst oder sogar verhindert werden können. Deshalb müssen kostengünstige Wege und Mittel gefunden werden, um diese Erkrankung möglichst frühzeitig zu erkennen und das Fortschreiten zu verzögern oder gar zu stoppen. Aufgrund der damit häufig einhergehenden Multimorbidität sowie eingeschränkten Mobilität, müssen Lösungen gefunden werden, die effizient und zuverlässig im ambulanten Umfeld eingesetzt werden können. Hier bietet sich die Telemedizin als hervorragendes Werkzeug im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung an.
Weltweit werden lediglich 20-50% aller Demenzerkrankungen erkannt. Knapp 90% aller befragten Ärztinnen und Patientinnen fordern jedoch eine frühe Diagnose, um auf damit verbundene Änderungen in der Versorgung und im Alltag reagieren zu können. Neuesten Studien zufolge können circa ein Drittel aller Demenzerkrankungen durch eine rechtzeitige Behandlung von spezifischen Risikofaktoren verhindert oder zumindest der Verlauf positiv beeinflusst werden. Ziel des Projekts ist deshalb die Entwicklung einer digitalen Plattform, die einen mehrstufigen Prozess begleitet, der von der KI-gestützten Vorhersage über die niederschwellige Früherkennung bis hin zu individualisierten Behandlungsstrategien für Demenzerkrankte reicht
Die eindeutige Diagnose von Demenz ist heutzutage von Spezialisten nur post mortem möglich. Neue Studien zeigen, dass bei der Alzheimer-Krankheit Veränderungen im Gehirn der Betroffenen schon Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome erkennbar sind. Ausgangspunkt ist der wissenschaftliche Konsens, dass es sich bei der Demenz, insbesondere bei den beiden häufigsten Formen, der Alzheimer-Demenz und der vaskulären Demenz, um einen multifaktoriellen kognitiven Abbauprozess handelt. Aus diesem Grund rücken auch präventive Maßnahmen in den Fokus der Wissenschaft, insbesondere Interventionen, die versuchen modifizierbare Risikofaktoren auszuschalten. Die Prävention und Behandlung von Demenz erfordert somit eine individualisierte Abfolge von Behandlungsschritten. Diese Schritte werden von Monitoring-Prozessen begleitet deren Ergebnisse die Auswahl der weiteren Schritte bestimmen. In diesem Zusammenhang liefern neuste Studien Erkenntnisse darüber, welche demenzbezogene Risikofaktoren (RF) aufgrund prognostischer Biomarker zur Früherkennung von Demenz und prädiktiv für die Bewertung der Wirksamkeit therapeutischer Interventionen wirksam sind.
Die primären Ziele dieses Projekts sind der Transfer der Ergebnisse in eine damit verbundene Verbesserung des Instrumentariums für digitale Diagnose- und Behandlungsverfahren. Unter Verwendung einer modularen Plattform sollen neuartige Datenerfassungs-, Telemonitoring- und Analyseansätze implementiert und der gesamte Versorgungsprozess unterstützt werden. Durch die Kombination dieser innovativen technologischen Ansätze kann somit ein wichtiger Schritt zur Früherkennung von kognitiven Abbauprozessen, sowie gezielte Gegenmaßnahmen und Verlaufsermittlungen, in der Regelversorgung etabliert werden.
Die KI-basierte Plattform "ALFREDO" ermöglicht die niedrigschwellige Früherkennung von Demenzerkrankungen sowie die Erstellung und Implementierung von individualisierten Behandlungsstrategien für Demenz-Patienten.
Es gibt verschiedene Ursachen für Demenz, die als solche nicht als Krankheit, sondern als organisches Psychosyndrom angesehen wird. Die häufigste Ursache ist die Alzheimer-Krankheit, die 50-70% aller Demenzen verursacht. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass die Früherkennung und Diagnose von Demenz für den Erfolg der anschließenden Behandlung unerlässlich sind. Je früher eine beginnende Demenz erkannt wird, desto effektiver kann der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden.
So kann z.B. durch geeignetes Training das Fortschreiten der Erkrankung erheblich verlangsamt und in manchen Fällen sogar gestoppt werden. Im besten Fall sollte der Ausbruch der Erkrankung durch präventive Maßnahmen verhindert werden. In der Demenzforschung werden seit einigen Jahren große Hoffnungen in präzisionsmedizinische Ansätze gesetzt. Zum einen, weil bisherige klassische Therapieansätze in klinischen Studien nicht die gewünschte Wirkung zeigten, zum anderen aber auch, weil bereits Forschungsergebnisse vorliegen, auf denen die Präzisionsmedizin hervorragend aufbauen kann - Beispiele dafür sind Genanalysen und Biomarker. Die auf diesen Nachweisen beruhende bildgebende diagnostische Verfahren, haben jedoch den Nachteil, dass sie zwar eine differenzierte Diagnose der Krankheit ermöglichen, aber teuer und daher nur begrenzt verfügbar sind. Auch geben diese bisher keine Auskunft darüber, wie stark das Demenzsyndrom beim Patienten bereits ausgeprägt ist und welche individuellen Behandlungsstrategien für das Individuum zur Verfügung stehen.
Der Hauptvorteil der in diesem Projekt verwendeten neuen Diagnose- und Monitoringmethoden besteht darin, dass eine differenzierte Diagnose gestellt und damit die Ursache sowie geeignete Gegenmaßnahmen identifiziert und in Abhängigkeit davon deren Einflüsse auf den Verlauf ermittelt werden können. Dies bietet den Ansatzpunkt für eine personalisierte medizinische Behandlungsstrategie, die im ambulanten Umfeld angewandt und deren Wirksamkeit überprüft werden kann. Dieser Ansatzpunkt wird durch die Entwicklung einer mobilen Plattform zur KI-gestützten Erkennung und Behandlung von Demenz unterstützt.
Was ist das Projekt „ALFREDO“?
Das Projekt ALFREDO steht für die Entwicklung einer Plattform, die von einer KI-gestützten Vorhersage, über die ambulante, niederschwellige Früherkennung und individualisierte Behandlung von Demenz, reicht.
Die Plattform ermöglicht eine niedrigschwellige Früherkennung von Demenzerkrankungen sowie auf den Patienten zugeschnittene Behandlungsstrategie. Hierfür werden patentierte Verfahren und Technologien, wie Hirnfunktionsmessungen, die durch innovative technologische Ansätze auch von zu Hause aus anwendbar sind, genutzt. KI-gestützte psychometrische Verfahren erlauben die Untersuchung empirisch abgrenzbarer Merkmale mit quantitativ genauer Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung. Die frühzeitige Erkennung erlaubt eine individuelle Behandlung von Risikofaktoren, was den Verlauf der Krankheit positiv beeinflusst.
Wer kann das Angebot nutzen?
Die mobile Plattform ist besonders für den ambulanten Bereich gedacht. Vor allem Patient*innen mit leichten Demenz-Symptomen mit oder ohne gesicherte Diagnose können von diesem Angebot profitieren. Für die Interaktion sollen auch (pflegende) Angehörige und der ambulante Pflegedienst miteinbezogen werden. Die klinische Bewertung und Telekonsultation wird hierbei von Neurolog*innen durchgeführt. Bisher ist das Angebot lediglich über die Teilnahme im Großraum Karlsruhe an der Studie nutzbar. Hierfür ist die Kontaktaufnahme mit dem Projektkonsortium erforderlich.
Wie lange läuft das Angebot?
09.2021-02.2024
Welchen Nutzen haben das Land, sowie Bürgerinnen und Bürger durch das Angebot?
Weltweit werden aktuell weniger als die Hälfte aller Demenzerkrankungen als solche erkannt – dadurch geht wertvolle Behandlungszeit verloren. Risikofaktoren können durch Künstliche Intelligenz rechtzeitig identifiziert werden, sodass eine frühe Behandlung möglich ist. Früherkennung ist hier der Schlüssel zum rechtzeitigen Handeln, da sie den Krankheitsverlauf durch die Behandlung von Risikofaktoren, positiv beeinflussen - oder sogar deren Ausbruch verhindern kann.
Durch das Monitoring zu Hause ist eine niedrigschwellige Überwachung und frühzeitige Erkennung (beim Hausarzt) möglich. Diagnose und Behandlung können effizient von Neurolog*innen übernommen werden. Für die Betroffenen Demenzpatient/innen wird dadurch ein Erhalt der kognitiven Leistungsfähigkeiten ermöglicht. Die Angehörigen und Pflegedienste können durch Telekonsultation geschult und direkt in den zugrunde liegenden Prozess eingebunden werden. Die geringere Anzahl an Visiten entlastet so Ärzt/innen. Die klare Strukturierung des Vorgehens ermöglicht die Einbindung in Systeme wie TI, eGK & ePA, sowie den Interessenvertretern die Chance eine zentrale Rolle in der Mitgestaltung vorzunehmen. Bei erfolgreicher Etablierung und Aufnahme in die Regelversorgung werden die Leistungsträger durch eine Reduktion der Pflegekosten finanziell geschont und können Mittel von der Palliativ- in die Präventivversorgung transferieren.
Krankenkassen sehen die digitalisierte Behandlung von Demenz-Erkrankten als Möglichkeit, Kosten zu sparen und Patient*innen sowie Risikopersonen effizient versorgen zu können. Denn 200.000 der Menschen mit Demenz leben in Baden-Württemberg. Auf diese Zahl heruntergebrochen entspricht das jährliche Kosten in Höhe von 1,78 Mrd. €. Studien zeigen, dass ungefähr ein Drittel aller Demenzen bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung entsprechender Risikofaktoren verhindert werden können. Dies bringt ein volkswirtschaftliches Einsparpotenzial von 0,59 Mrd. € allein für Baden-Württemberg. Die hier greifenden Vorteile sind die einzigartigen und zum Patent angemeldeten Ansätze zur ambulanten Früherkennung und individualisierten Behandlung von Demenz sowie dazu eingesetzten technologischen Innovationen.
Wie läuft eine Teilnahme ab?
Eine Einbindung der Nutzenden findet durchgehend statt, beginnend bei Nutzerstudien mit der Zielgruppe zur Erhebung von Anforderungen, über regelmäßige Anwenderworkshops zur Zwischenevaluation, bis hin zur Evaluation des Gesamtergebnisses in mind. drei Einrichtungen mit 20-50 Probanden inkl. Kontrollgruppe über einen Zeitraum von 52 Wochen. Durch den frühzeitigen Einbezug der Perspektive der Nutzer/Innen können Faktoren, welche die Lebensqualität von Menschen mit Demenz erhöhen, identifiziert werden. Unterstützt wird die Entwicklung von Beginn an durch die Einbindung von Anwendungspartnern und relevanter Stakeholder (z.B. Pflegeeinrichtungen, Krankenkassen, Alzheimer Gesellschaft, Hausärzte, Fachärzten) in die Entwicklung des Einführungskonzepts.
Wie könnte eine Übertragung des Ansatzes in andere Fachgebiete/Regionen gelingen?
Das Modellprojekt kann nach Durchführung der Studie, Evaluation und Projektabschluss überregional in Betrieb genommen werden. Die Vernetzung der relevanten Stakeholder (Ärzt*innen, Patient*innen und Pflegende sowie deren Angehörige) ist essenziell. Die Überführung der (IGEL) Leistung in die Regelversorgung ist notwendig.
Wie wird die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen einschließlich der Datensicherheit gewährleistet und mit den erhobenen Daten nach Ablauf des Projekts verfahren?
Am FZI Forschungszentrum Informatik gilt eine für alle Beschäftigte verbindliche Datenschutz- und IT-Sicherheitsrichtlinie die naturgemäß in Projekten zum Einsatz kommt. Der sichere Umgang mit personenbezogenen Daten, inklusive der Einhaltung der Datenschutzgrundsätze wie Datensicherheit und Datensparsamkeit, ist darin abschließend und umfassend geregelt. Beispielsweise werden für Erhebung und Verarbeitung besonders sensibler Daten wie Vitaldaten zusätzliche besondere Einwilligungen seitens der betroffenen Person notwendig und die sensiblen Daten nach deren Verwendung im Projekt und/oder auf Anfrage des Probanden gelöscht. Im Rahmen des durchgängigen Datenschutzmanagements wird die Einhaltung der Vorgaben dieser Richtlinien kontinuierlich kontrolliert.
Das FZI Forschungszentrum Informatik am Karlsruher Institut für Technologie ist eine gemeinnützige Einrichtung für Informatik-Anwendungsforschung und Technologietransfer. Es bringt die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Informationstechnologie in Unternehmen und öffentliche Einrichtungen und qualifiziert junge Menschen für eine akademische und wirtschaftliche Karriere oder den Sprung in die Selbstständigkeit. Das FZI Forschungszentrum Informatik am Karlsruher Institut für Technologie ist eine gemeinnützige Forschungstransfereinrichtung des Landes Baden-Württemberg, das für seine Geschäfts- und Forschungspartner Lösungen für innovative Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsprozesse entwickelt.
Geführt von Professoren verschiedener Fakultäten entwickeln die Forschungsgruppen am FZI interdisziplinär für ihre Auftraggeber Konzepte, Software-, Hardware- und Systemlösungen und setzen die gefundenen Lösungen prototypisch um. Wissenschaftliche Exzellenz und gelebte Interdisziplinarität sind somit in der Organisation verankert.
Als gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts arbeiten wir für und mit Unternehmen und öffentlichen Institutionen jeder Größe: Kleinbetriebe und Konzerne, regionale Verwaltungen, Länder, Bund und EU. Mit dem FZI House of Living Labs steht eine einzigartige Forschungsumgebung für die Anwendungsforschung bereit.
Im Bereich der Informationstechnologie ist das FZI Innovationsdrehscheibe in Baden-Württemberg. Als wirtschaftsnahe und unabhängige Forschungseinrichtung erfüllen wir die Aufgabe einer Schnittstelle zwischen universitärer Forschung und praktischer Anwendung. Wir sind der Innovationspartner im Bereich IT des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Wirtschaft. Das FZI ist Mitglied der Innovationsallianz innBW und der Innovationsallianz TechnologieRegion Karlsruhe.
Der Forschungsbereich Embedded Systems & Sensors Engineering (ESS) am FZI beschäftigt sich unter anderem mit Methoden und Werkzeugen zur Integration verteilter Sensoren, heterogener Kommunikationsnetze und mobilen Informationsgeräten zu innovativen Informationsanwendungen, v. a. für die Medizintechnik und die Automobilelektronik.
Die Diakonie-Baden ist der Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege, das Hilfswerk der Evangelischen Landeskirche in Baden. Ihre Wurzeln sind mehr als 150 Jahre alt. Sie steht an der Seite der Menschen in leiblicher und seelischer Not. Die Mitgliedseinrichtungen werden durch die Diakonie unterstützt und beraten. Die Botschaft Jesu Christi ist Grundlage ihrer gemeinsamen Arbeit. Als starker und kritischer Partner arbeitet die Diakonie auf Bundes- und Landesebene zusammen mit gesellschaftlichen und politischen Institutionen.
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in Deutschland ist mehr als 130 Jahre alt. Interessant sind die Meilensteine, aus denen auch die AOK Baden-Württemberg in ihrer heutigen Form entstanden ist. Über 4,5 Millionen Menschen sind bei der AOK Baden-Württemberg versichert - eine starke Gemeinschaft. Die AOK ist Teil der sozialen Selbstverwaltung: sie wird von Versicherten und Arbeitgebern gemeinsam verwaltet.
Die Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V. | Selbsthilfe Demenz setzt sich für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen ein und trägt mit Information, Beratung und Sensibilisierung dazu bei, die Erkrankung besser zu verstehen und den Alltag zu bewältigen.
Die aktive Nutzung digitaler Technologien wird in der Sozialwirtschaft und der Sozialverwaltung immer mehr zu einem zentralen Erfolgsfaktor. Gleichzeitig stellt die Digitalisierung die sozialen Organisationen ebenso wie die Anbieter von IT-Lösungen vor große Herausforderungen. FINSOZ versteht sich als branchenweite Plattform, die sozialen Organisationen, Anbietern von IT-Lösungen, Wissenschaftler/innen und Berater/innen die Möglichkeit zur Vernetzung und zum Qualifikationserwerb bietet. Ziel des FINSOZ e.V. ist es, den Wertbeitrag digitaler Technologien zum Nutzen seiner Mitglieder sowie der Adressaten Sozialer Organisationen zu steigern. Er fördert die Kommunikation aller Akteure und unternimmt Schritte zur Lösung aktueller Probleme. Dazu gehört auch die Interessensvertretung gegenüber Politik, Kostenträgern und Akteuren angrenzender Bereiche, wie dem Gesundheits- oder Bildungswesen.